Skip to main content

Dr. med. Christine Trutt-Ibing

(0661) 96 26 317

Arzt hält Videosprechstunde ab

ElVi, Patientus & Co - Das ist der Stand der Videosprechstunde im Herbst 2017

  • Dr. med. Christine Trutt-Ibing

Zum 1. April 2017 wurde die Videosprechstunde in den Katalog der vertragsärztlichen Versorgung aufgenommen. Die Abrechnung der neuen Ziffern ist jedoch an besondere Bedingungen geknüpft. Wie sieht es also aktuell damit aus?

Voraussetzungen für die Abrechnung:

  • Der Patient war in einem der beiden vorangegangenen Quartale schon einmal in der Praxis
  • Eine schriftliche Einwilligung des Patienten liegt vor
  • Es handelt sich um eine Verlaufskontrolle von ausgewählten Krankheitsbildern bei bestimmten Facharztgruppen
  • Der Videodienstanbieter erfüllt bestimmte technische Anforderungen und ist zertifiziert

Ein Erstkontakt per Video ist übrigens nicht gestattet, denn nach dem Fernbehandlungsverbot dürfen Ärzte individuelle Behandlungen nicht ausschließlich über Kommunikationsmedien durchführen. Eine allgemeine, krankheitsbezogene Beratung ist jedoch auch bei unbekannten Patienten möglich. Das Stellen einer Diagnose oder die Verordnung von Medikamenten oder Heil- und Hilfsmitteln ist in diesem Fall nicht erlaubt. Manchmal ist die Abgrenzung zwischen allgemeiner und individueller Beratung allerdings nicht ganz einfach.

Arztpraxen erhalten für jede Videosprechstunde einen Technik- und Förderzuschlag von 4,21 Euro (GOP 01450, Bewertung: 40 Punkte). Dieser wird für bis zu 50 Videosprechstunden im Quartal gezahlt, auch mehrmals im Behandlungsfall. Ob der Arzt-Patienten-Kontakt per Video extra abgerechnet werden kann, hängt davon ab, ob der Patient im aktuellen Quartal bereits die Praxis aufgesucht hat. Ist dies der Fall, dann ist der Videokontakt in der Versicherten- beziehungsweise Grundpauschale enthalten und somit nicht gesondert berechnungsfähig. Für Fälle, bei denen der Patient in einem Quartal nicht die Praxis aufsucht, kann die neue GOP 01439 (Bewertung 88 Punkte) abgerechnet werden.

Im Oktober 2017 (Stand 12.10.2017) sind 4 Videodienstanbieter zertifiziert:

  • elVi - elektronische Visite
  • Patientus Online Videosprechstunde
  • MEDITyme
  • Doktor-Online.org Videosprechstunde von tomedo

Auf den Seiten der Kassenärztlichen Bundesvereinigung sind alle zertifizierten Videodienstanbieter gelistet. Hier finden Sie auch alle weiteren wichtigen Informationen zum Thema Videosprechstunde.

Schaut man auf das Leistungsspektrum der Anbieter, so gibt es Unterschiede. Beispielsweise bietet Patientus eine Online-Bezahlfunktion an. Dies ist sicherlich von Vorteil, wenn die Videosprechstunde zusätzlich oder vielleicht sogar ausschließlich als individuelle Gesundheitsleistung (IGeL) erbracht werden soll.

Sowohl über elVi als auch über Patientus ist eine sichere Übertragung von Dateien möglich. Denkbar ist somit eine Besprechung von Befunden im Rahmen einer Videosprechstunde mit gleichzeitiger Übermittlung/Weitergabe der Befunde an den Patienten.

Während elVi 14 Tage lang kostenlos getestet werden kann, kann bei Patientus eine Produkt-Demonstration vereinbart werden. MEDITyme und Doktor-Online.org stellen auf ihren Websites (Stand Oktober 2017) noch wenige Informationen zum Leistungsspektrum und zum Preisgefüge zur Verfügung.

Die monatlichen Gebühren für elVi oder Patientus liegen zwischen 29 und 59 Euro. Wahrscheinlich ist es damit nicht kostendeckend für kleine Praxen und ausschließlicher Anwendung in der vertragsärztlichen Versorgung.

Übrigens müssen weder Praxis noch Patient eine spezielle Software anschaffen. Die Videoübertragung erfolgt im Browser. Es wird lediglich eine Internetverbindung benötigt. Das erleichtert sicherlich das Wechseln zwischen den Anbietern.

Letztendlich halte ich die Videosprechstunde geeignet für Ärzte

  • die ihren Patienten Anfahrtswege und sich selbst Hausbesuche ersparen wollen
  • die eine Vorliebe für moderne Kommunikationsformen haben
  • die sich als moderne Praxis positionieren wollen
  • die allgemeine Gesundheitsberatungen und Zweitmeinungen als IGe-Leistung anbieten wollen

Ob die Videosprechstunde unter den aktuellen Bedingungen Einzug in die vertragsärztliche Versorgung halten wird, wage ich zu bezweifeln. Allerdings ist nun ein erster Schritt gemacht und die Indikationen für den Einsatz sollen nach Angaben der KBV ausgeweitet werden. Außerdem sind jetzt Rahmenbedingungen definiert worden, die für alle Beteiligten (Ärzte, Patienten und Videodienstanbieter) eine gewisse Rechtssicherheit schaffen. Weiterhin glaube ich, dass das Fernbehandlungsverbot in den nächsten Jahren liberalisiert werden wird.

 

P.S.: Übrigens kann sich ein Patient zu seinem Videotermin über die Website des Videodienstleisters einloggen. Die Portale bieten jedoch auch die Möglichkeit, einen kleinen Codeschnipsel auf der Praxiswebsite einzubinden. Auf diese Art und Weise kann der Patient direkt über die Praxiswebsite die Videoübertragung starten.

Sie benötigen Hilfe bei der Integration der Videosprechstunde in Ihre Praxiswebsite? Gerne unterstütze ich Sie dabei.